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#echtwohlig - das magazin. Vierte Ausgabe

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Das Letzte in Coronazeiten, das uns eingefallen wäre, war das Aufgeben. Im Gegenteil: Je länger Lockdown, umso wichtiger erscheint es uns, über all die wunderbaren Menschen Niederbayerns zu schreiben, über die Schönheit der Landschaft, über Traditionen und Innovationen dieser Region, über die Heilkraft der Thermalwässer und so vieles mehr. Wir freuen uns auf Sie im Bayerischen Golf- und Thermenland! Auf bald – und bleiben Sie gesund!

#echtwohlig & besonders nachhaltig „Nachhaltig ist, wenn was bleibt.“ So treffend definiert das Hans-Jürgen Buchner. In seinem 400 Jahre alten Wirtshaus in Haindling. Haindling, ein Ort in Niederbayern. Zwei Kirchen, eine kleine und eine große, beide mit Zwiebelturm. Und ein Wirtshaus, das Hans-Jürgen Buchner und seine Frau vor vielen Jahren vor dem Abriss retteten. Und seither mit Keramikwerkstatt und Tonstudio darin leben und arbeiten. Nachhaltig, denn ein altes Haus will gepflegt und täglich mit Leben erfüllt werden – und, wie er so schön sagt: „In einem anderen Haus wäre ich ein anderer Mensch.“ Das wäre schlimm, denn wir alle wären dann um einiges ärmer, was die Musik betrifft. Legendäre bayerische Serien wie „Irgendwie und Sowieso“ oder „Zur Freiheit“ sind ohne die Kompositionen von Haindling gar nicht denkbar. Sowie viele Filme. Und wer auf einem seiner Konzerte war, vergisst das sicher nicht. „Nachhaltig ist, wenn was bleibt“, sagt er. Das hat er geschafft, was seine Musik und sein Engagement für den Naturschutz betrifft. Bis heute steht er fest verwurzelt in diesem Landstrich an der Donau. Ohne Engagement keine Nachhaltigkeit. So schaut’s aus. Hans-Jürgen Buchner ist derzeit einer der „WEGBEREITER“ Niederbayerns, einem Verein für innovative Nachhaltigkeit und umweltbewusstes Handeln in Niederbayern und Oberösterreich (https://nachhaltigkeit-ev.de/wegbereiter). Doch was ist das eigentlich, Nachhaltigkeit? Eine angesagte Sache allemal im Moment. Der Begriff wird in den verschiedensten Zusammenhängen gewinnbringend verbraten. „Erfunden“ hat ihn ursprünglich 1713 Hans Carl von Carlowitz. Dem ging es um die Wälder. Und gegen den auf kurzfristigen Gewinn ausgelegten Raubbau darin. Es müsse immer auch nachgepflanzt werden, wenn man etwas entnimmt, erkannte er, sonst bleibt langfristig nichts übrig. Im Moment erleben wir, wie die profitablen Fichtenmonokulturen weder klimatischen Veränderungen noch dem Borkenkäfer standhalten. Nachhaltigkeit meint vor allem auch ein Denken über den eigenen Lebenshorizont hinaus. Eine Buche beispielsweise erzeugt erst ab einem Alter von ca. 40 Jahren Bucheckern und beginnt damit, sich zu vermehren, und – wie man heute gerade lernt – unterirdisch über Wurzeln und Pilze sich mit dem Nachwuchs zu vernetzen. Ihn sogar zu versorgen. Ein Baum handelt nachhaltig. Bleiben wir beim Menschen. Und bei seinen Häusern. Und machen einen Besuch im Freilichtmuseum Massing. So flockig und idyllisch diese Art Museum an einem schönen Sommertag mit seinen Tieren, dem Gasthaus und natürlich dem großen Vergnügen für Kinder daherkommt – man kann es auch mit einer ganz anderen Absicht besuchen und hier dem Nachhaltigkeitsbegriff auf den Grund gehen. Diese historischen niederbayerischen 14 I BAYERISCHES GOLF- UND THERMENLAND

ANZEIGE ANZEIGE links: Im Video spricht der WEGBEREITER Hans-Jürgen Buchner sehr eindrücklich über das, was Nachhaltigkeit für ihn ausmacht. unten: Das Freilichtmuseum in Massing Häuser wurden aus Materialien gebaut, die die Umgebung hergab. Damit fügten sie sich auch immer ästhetisch perfekt ins Landschaftsbild. Es bestand enorme Erfahrung, was die Erhaltung von Wärme im Inneren oder die Kühlung im Sommer betraf. Keine komplett verglasten Fassaden, eher kleine Fenster. Die Häuser boten Schutz und waren ausgelegt auf ein gutes Zusammenleben vieler Menschen – mitsamt der Tiere, die sie ernährten. Und wärmten. Geplant auf viele Generationen. Es wurden damals auch hochwertigste Güter erzeugt, die heute in dieser Qualität kaum mehr erhältlich sind. Man pflanzte beispielsweise Flachs (Lein), aus dem langlebiges Leinen erzeugt wurde. Diese Stoffe hatten bis zum letzten Moment ihrer Lebensdauer, sogar als Lumpen noch, eine Funktion. Danach landeten sie einfach auf dem Kompost, statt im gelben Sack. Es ist eine Zeitreise, das Museum in Massing zu besuchen. Drei oder vier Generationen zurück. In der Menschheitsgeschichte denkbar kurz. Heute haben wir uns anders organisiert. Die harte körperliche Arbeit ist dem Bandscheibenschaden vom vielen Sitzen gewichen. Wir verfügen über Avocados und Tomaten zu jeder Jahreszeit. Unsere nächste Generation studiert vielleicht in London oder Melbourne, und bleibt dort. Auf der Webseite des Freilichtmuseums findet sich ein kleiner Youtube-Link zu einem sehenswerten, in Schwarzweiss gedrehten (Stumm-)Puppenfilm aus dem Jahr 1939: „Die Stadtmaus und die Feldmaus.“ Die Stadtmaus lebt in einem Keller voller Würste, Kuchen und Käse, leider auch mit ständiger Bedrohung durch Katze und Mausefallen. Die Feldmaus hingegen lebt mehr spartanisch, die Mahlzeiten erntet sie jahreszeitlich selbst, sie schrubbt ihren Holzboden und hat eine eigene Haustür, die sie abschließen kann. www.freilichtmuseum.de STEINZEIT UND GEGENWART Wie man Steine zum Leben erweckt, zeigt sehr gekonnt das Museum im Kastenhof in Landau a. d. Isar. Ein kleines Juwel in der Bayerischen Museumslandschaft. Architektonisch wie inhaltlich. Eine beeindruckend lebensechte Nachbildung der Steinzeitfrau Lisar nimmt den Besucher mit auf eine Zeitreise – 7000 Jahre rückwärts in die niederbayerische Siedlungsgeschichte. Grabungsstücke und Nachbildungen machen den steinzeitlichen Alltag hier lebendig. Ganz nebenbei wird der Vergleich gezogen: Was unterscheidet unser Leben im 21. Jahrhundert von dem der Jäger und Sammler aus der Alt- und Mittelsteinzeit eigentlich? Wer hätte gedacht, dass wir mit unserem mühsam erkämpften 8-Stunden-Tag – der oft nicht reicht – mehr Zeit für bloße Existenzsicherung aufbringen als der Altsteinzeitler mit Jagen und Sammeln? Die Jungsteinzeit brachte dann die größte Revolution in der Menschheitsgeschichte: Wir wurden sesshaft und das veränderte alles. An vielen Details in der Ausstellung fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Noch immer sind wir abhängig von besonderen Gesteinen und Mineralien. Damals wurden sie für Waffen oder Werkzeuge benötigt, mit Salz und Gold wurde gehandelt. Heute hängt unsere Existenz an Öl, Gas und seltenen Erden. Die Ausstellung wagt am Ende noch gekonnt einen Blick in die Zukunft. Eine Zeitreise, die unseren Blick auf die Welt nachhaltig verändern kann. www.steinzeit-museum.de BAYERISCHES GOLF- UND THERMENLAND I 15