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#echtwohlig - das magazin. Vierte Ausgabe

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Das Letzte in Coronazeiten, das uns eingefallen wäre, war das Aufgeben. Im Gegenteil: Je länger Lockdown, umso wichtiger erscheint es uns, über all die wunderbaren Menschen Niederbayerns zu schreiben, über die Schönheit der Landschaft, über Traditionen und Innovationen dieser Region, über die Heilkraft der Thermalwässer und so vieles mehr. Wir freuen uns auf Sie im Bayerischen Golf- und Thermenland! Auf bald – und bleiben Sie gesund!

#echtwohlig & besonders schützenswert Der Inn Einen wilden Kerl hat man in menschliche Schranken verwiesen. Zwischen Innspitz und Rottmündung hat er sich selbst auf 55 Kilometern beeindruckend neu aufgestellt. Ein ganz besonderer Fluss in Niederbayern ist der Inn. In Bayern derjenige, der mit der größten Wucht aus den Alpen hervorschiesst. Ohne die Stauwerke würde er von Innsbruck nach Passau gerade mal 13 Stunden benötigen. Geht man in seiner Geschichte ein wenig zurück, so finden sich unzählige Geschichten, die die existentielle Verbundenheit Niederbayerns mit dem Inn deutlich machen. Er hat die Menschen ernährt. Und diente als Transportweg. Stromabwärts reiste das Salz von Hall in Tirol bis hinunter nach Ungarn. Stromaufwärts dagegen mussten Pferde die schwer mit Getreide, Öl, Tabak und Wein beladenen Plätten bis nach Tirol ziehen. Alte Schwarzweißfotos zeugen von den Gefahren dieser schweren Arbeit, viele Menschen ließen dabei ihr Leben. Der Mensch ist vom Fluss nicht zu trennen. Bis heute. Die Inntalautobahn hat den Inn als Transportweg zwar abgelöst, doch jetzt spendet er grüne Energie. „Aenus“, wie er genannt wurde, der „Schäumende“. In seiner Wildheit veränderte er laufend sein Bett. Und konnte über Nacht das Tal verwüsten, denn die sommerlichen Hochwasser, die er aus der Gletscherschmelze des Oberengadins oder dem Starkregen der Voralpen bis heute herbeiführt, waren immer existentielle Katastrophen für die Menschen am Fluss. Ab dem 19. Jahrhundert hat man versucht, ihn in feste Bahnen zu zwängen. Man wollte gern mehr Beständigkeit. Nach der Kanalisation vertiefte der Inn jedoch gezwungenermaßen sein Bett, die Fließgeschwindigkeit nahm zu, was die Unberechenbarkeit des Hochwassers nicht wirklich minderte. Durch das vertiefte Flussbett sank auch noch der Grundwasserspiegel, fatal für die Auwälder, die in großem Ausmaß starben. Und dann kamen die Kraftwerke: Das erste wurde 1923 gebaut, weitere folgten. Am Unteren Inn sind es vier an der Zahl. Das bremste diesen eigensinnigen Fluss endgültig her. Zwischen den Staustufen des Unteren Inns wäre es zu aufwändig gewesen, den Fluss zu kanalisieren. Zudem war viel Platz. Und so hat dieser eigenwillige Inn entlang der bayerisch-österreichischen Grenze beschlossen, sich hier als Fluss mal ganz neu zu verwirklichen... Er dachte über „Verlandung“ nach, statt über Kiesbänke. Mit den feinen Sedimenten, die er mit sich führte, legte er Flachwasserzonen und Schlickbänke an. Schilfpflanzen unterstützen ihn und bildeten Röhrichte. Dann kamen die Weidengebüsche daher und schließlich waren auch die Auwälder wieder zurück. Dieser neu entstandene Flussabschnitt bot nun unzähligen gefährdeten Arten in Europa eine Rettungsinsel. Amphibien wie Gelbbauchunke, Seefrosch oder Bergmolch, die wegen ihrer durchlässigen Haut durch Pestizide und Stickstoffdünger extrem bedroht sind, fanden in den Altwässern ein Zuhause. In der „Eringer Au” finden sich gefährdete Insektenarten wie der Deutsche Sandlaufkäfer oder der Dunkle Seidenkäfer. Auf den „Brennen“, Trockenbiotope auf meterdicken ehemaligen 16 I BAYERISCHES GOLF- UND THERMENLAND

Kies böden, wachsen nun Kreuzdorn, Orchideen und andere seltene Wildblumen, die wiederum zahllosen Faltern, Hummeln und Heuschrecken eine Lebensgrundlage bieten. Und Vögel, Vögel, Vögel ... Der Untere Inn ist heute Naturschutzgebiet, Natura 2000-Gebiet, Europareservat und – was wenige kennen – Schutzgebiet nach der „Ramsar-Konvention“. Das ist besonders. Ein internationales Übereinkommen zum Schutz von Feuchtgebieten, denen eine wichtige Bedeutung zukommt für Wasser- und Watvögel. Und für den Vogelzug. Der Untere Inn hat sich zum lebenswichtigen Rastplatz entwickelt. Auf der teils tausende Kilometer langen Reise nutzen die Tiere das reichhaltige Angebot der Innstauseen. Oder bleiben gleich da. Von den über 300 Vogelarten, die bereits beobachtet wurden, brüten hier mittlerweile etwa 130 Arten. Erstaunlich, was diesem wilden Inn gelungen ist: In seinem Unterlauf hat er einzigartige Lebensräume sozusagen „aus zweiter Hand” geschaffen. Im „Naturium am Inn“ in Ering und im Naturium Schloss Frauenstein auf österreichischer Seite kann man als Mensch an diesem Naturwunder ein wenig teilhaben – ohne zu stören. Das grenzübergreifende Besucherzentrum ist den Besuch wert. Hier erfährt man viel über all die Vögel, Pflanzen, Insekten, den Fluss, den Naturschutz, und, und, und ... Sowohl in der Ausstellung als auch draußen auf einem der angelegten Wanderwege oder mit einer Führung. Das Veranstaltungsprogramm kann sich sehen lassen! Auch zwei wunderbare Radwege, der Innradweg und der Römerradweg, flankieren das Schutzgebiet. Oder man stellt sich einfach still, ehrfürchtig und mit gebührendem Abstand an diesen besonderen Fluss und lauscht den vielfältigen Stimmen, die hier zu vernehmen sind ... www.naturium-am-inn.eu BAYERISCHES GOLF- UND THERMENLAND I 17